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Das Mädchen

  • GedankenChaos
  • 17. Apr. 2019
  • 3 Min. Lesezeit

"Es tut mir leid. Ich weiß, es tut weh. Ich verstehe wie du dich fühlst. Lass mich deine Hand nehmen und ich zeige dir eine Welt, in der Vertrauen noch etwas bedeutet. Eine andere Realität, fernab der heutigen Gesellschaft, in der du dich wohl fühlst. Nur du und ich. Wir rennen weg von all den traurigen Momenten, schlecht beleuchteten Straßen. Den düsteren Gespenstern, die sich stetig in deinen Verstand schleichen.


Du wurdest wieder enttäuscht. Ich sehe in deinen Augen, dass du verletzt wurdest, denn einst schimmerten sie. Selbst in der Dunkelheit erleuchteten sie uns unseren Weg. Doch kein Schimmern mehr, kein Leuchten. Dein Ausdruck verzweifelt, dein Blick matt. Voller Zuversicht sein blühendes Herz in einen verwelkten Garten zu legen, mit der Hoffnung, die anderen Blumen wiederzubeleben; es war ein Fehler. Ich habe es dir gesagt, ich weiß du willst das nicht hören. Aber die Wahrheit ist manchmal wie eine Naturgewalt - ein Erdbeben, ein Orkan. Unausweichlich.


Ich kann es nicht ertragen, dich so zu sehen Du hast dich verändert, deine Seele von Erfahrungen gezeichnet. Du fühlst dich alleine, nicht verstanden. Bist verwirrt. Hast deine Kraft, dein Ich stets in falsche Hände gelegt. Dich offenbart. Wissentlich verletzlich gemacht. Weil du hofftest, diese auserwählten Menschen würden dich verstehen. Würden es ernst mit dir meinen, dich schätzen. Hast dein Herzblut in die Adern der Anderen gepumpt, wenn es ihnen schlecht ging - dich selber dadurch geschwächt. Den Fokus auf ihr Leben gelegt, dich selber als Nebensache behandelt. Dir ging es immer nur darum, diese Menschen glücklich zu machen und für sie da zu sein. Sie aufzubauen. Wie kleine verletzte Spatzen, die die scharfen Krallen eines Adlers gerade so überlebt haben, kamen sie zu dir. Haben sich von dir pflegen lassen. Und dann standest du da, völlig erschöpft, ausgepumpt. Hast dich mit eigener Kraft wieder aufgerappelt. Doch du warst glücklich, denn den Spatzen ging es gut. Fröhlich und voller Energie flogen sie fort. Was du liebst, lass frei. Irgendwann kommt es zu dir wieder zurück. Doch niemand kam.


Und nicht nur das, denn sie sind dir in den Rücken gefallen. Haben sich abgewendet. Du hast alles Gute in sie gelegt, doch niemand kam, als es dir nicht gut ging. Als du von einem Adler angegriffen wurdest. Als du blutig mit zerfetzten Flügeln auf den Asphalt gefallen bist. Einige unterstützten den Adler sogar. Erzählten ihm, wann du am verletzlichsten bist. Wann er dich angreifen kann. Andere sahen dich fallen und kamen nicht, um dich aufzufangen. Kamen nicht mal, um danach zu schauen, wie es dir geht. Geschweige denn, um dich wieder auf die Beine zu bekommen.


Du fragst dich, ob du dein Vertrauen und deine Liebe in falsche Menschen gesetzt hast. Ob du selber dran Schuld bist. Was falsch gemacht hast. Doch ich sage dir, meine Liebe, du hast nichts falsch gemacht. Du warst nur naiv, hast in deiner Kinderwelt gelebt. Mit der Vorstellung, dass es Charaktereigenschaften wie Egoismus, Sadismus, Schadenfreude und Rücksichtslosigkeit nicht gibt. Vielleicht war es früher anders, vielleicht waren Menschen aber auch schon immer so. Ich weiß es nicht, mein armes kleines Mädchen. Doch die Menschheit ist heutzutage so. Und versteh mich nicht falsch, du sollst dein Vertrauen nicht verlieren. Du sollst nur vorsichtiger sein. Gib nicht alles von dir preis, leg dein pumpendes verletzliches Herz nicht sofort offen vor die Füße anderer Menschen. Lerne, dass du leider nicht immer das zurück bekommst, was du gibst. Und hab genug Selbstwertschätzung, um erhobenen Hauptes von Menschen zu gehen, die dich nicht verdient haben.


Und jetzt reich mir deine Hand, meine Liebe, und komm mit mir. Ich führe dich durch diese eisige Realität. Vorbei an den ganzen verlorenen Seelen, die wie Eisskultpuren entlang der ewigen Straße stehen. Lass uns zusammen nach dem Schimmern suchen, dem Leuchten. Ich will dich wieder glücklich sehen." Ich ringe nach ihrer Hand, doch da ist eine durchsichtige Wand. Etwas Kühles berührt meine Finger. Ich schaue erschrocken in die vertrauten Augen und erkenne mein Selbstbild im reflektierenden Spiegel.


GedankenChaos

 
 
 

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